Kapitel 3 – Spiel als sensorisches Ess-Experiment
Wie kann bei Kindern Interesse für neue Lebensmittel geweckt werden? Durch das Spiel!
Das Spiel ist ein Recht des Kindes. In den festgeschriebenen Kinderrechten heißt es: "Die Vertragsstaaten respektieren und fördern das Recht des Kindes auf umfassende Teilnahme am kulturellen und künstlerischen Leben und fördern die Bereitstellung angemessener und gleicher Möglichkeiten für kulturelle, künstlerische, Freizeit- und Freizeitaktivitäten".
Beim Spiel äußern sich Kinder, erzählen, interpretieren und kombinieren auf kreative Weise die individuellen und sozialen Erfahrungen. Das Kind, das spielt, bekommt Wachstumsgelegenheiten, weil das gleiche Spiel die affektive Reifung fördert, aktiv ist und kognitive Fähigkeiten entwickelt (Fähigkeit zur Dezentralisierung, divergentes Denken, reflexive Fähigkeit, Entwicklung der sozialen Sprache). Vor allem und in allgemeinerer Hinsicht stellt es für das Kind eine bedeutungsvolle und tiefe existentielle Erfahrung dar, die ihn vollständig dazu bringt, der Welt Trost und das Gefühl seines Seins zu geben.
Wie wir zuvor gesehen haben, ist das Kind bis zum 7. Lebensjahr innerlich ein Bildhauer: Das Kind braucht Bilder, die in ihm Eindrücke erwecken. Im Spiel, wie bei jeder Aktivität, sucht das Kind nicht nach dem Ziel, sondern nach dem Sinn. Wenn du versuchst, einem Kind eine Puppe aus Lumpen und eine schöne aus Plastik zu geben, die in allen ihren Gesichtszügen definiert sind, wirst du sehen, dass das Kind die Puppe aus Lumpen bevorzugen wird, weil es ihm seine Form geben kann.
Dieses Beispiel erlaubt, die Funktion, die das Spiel im Leben eines Kindes haben sollte, zu erkennen. Kinder verhalten sich wie KünstlerInnen: Die Bilder werden in ihm zur Kraft. PhilosophInnen, SoziologInnen, AnthropologInnen und Pädagogiktheorien sehen die Rolle des Spiels im Evolutionsprozess vom Säuglings- bis zum Erwachsenenalter.
Ausgehend von der systematischen Beobachtung der einzelnen Kinder und des täglichen Lebens werden spielerische Aktivitäten unterteilt in:
Strukturiertes Spiel:
Aktivität, bei der Erzieher/die Erzieherin direkt Kinder anspricht und die Erfahrung, die er/sie in der individuellen Dimension, in sozialen Räumen und in einem umschriebenen Kontext macht, beobachtet.
Freies Spiel:
Aktivität, die durch die freie Wahl des Kindes gekennzeichnet ist, die einen symbolischen Wert hat, weil das Kind im Spiel schwierigere Erfahrungen verarbeitet. In dieser Art von Spiel, entwickeln die Erziehenden die Rolle der "SchauspielerInnen", sobald das Kind sie involviert hat.
Dem Spiel im Vorschulalter (0 - 6 Jahre) wird heutzutage Raum gegeben, um die künstlerischen Aktivitäten, die Begeisterung der Phantasie, die Neugier, die Kreativität, die Kommunikation zu unterstützen. Wir wissen heute, dass die Wahrnehmungen aus dem sensorischen Input kommen, der bereits in der intrauterinen (dann in einer frühreifen Phase unserer Entwicklung) Lebensphase vorhanden ist. Sie sind der wesentliche Schritt zur Entwicklung des Nervensystems, der Emotionen und des Gewissens. Tag für Tag werden Eindrücke empfangen, aus der Umwelt und aus der Kultur, in die wir eingetaucht sind. Also sind die Wahrnehmungen eine persönliche Angelegenheit.
Je reicher und diversifizierter die Erfahrungen und Reize sind, umso größer scheint die Möglichkeit zu sein, eine harmonische Persönlichkeit zu entwickeln, die fähig ist, sich in der komplexen Welt der sozialen Beziehungen und des Konsums zu orientieren.
Das Essen ist eine sinnliche Erfahrung, die in den ersten Lebensmonaten beginnt, alle 5 Sinne mit einbezieht und die Entdeckung von sich selbst und der Welt ermöglicht.
Essen fördert
- Entdeckung, Wissen, Gebrauch der 5 Sinne.
- Fähigkeiten wahrzunehmen.
- Fähigkeiten, Gefühle und Emotionen auszudrücken.
- Entwicklung der Kreativität.
- Wahrnehmung des Umfelds (Kindergarten, Familie, kulturelles Umfeld).
Spielerische Aktivitäten mit Essen
- Schatzkiste: Auch der Tastsinn beeinflusst, ob uns etwas besser oder weniger gut schmeckt. Wir fühlen mit den Händen, aber auch mit den Lippen und am Gaumen. Knuspriges Knäckebrot fühlt sich im Mund „richtig“ an, weiches Knäckebrot hingegen schmeckt alt oder falsch gelagert. Oft betasten wir mit den Händen Obst oder Gemüse, um zu spüren, ob die Früchte schon reif sind. Spieltipp: In einer geschlossenen Schachtel, einem zugedeckten Korb oder in einem undurchsichtigen Beutel sind Schätze wie z. B. ein Apfel, eine Banane, Walnuss usw. aufbewahrt und das Kind, das sie berührt, muss erraten, was es ist.
- Am Werk: Wir schlagen unseren Kindern vor, den Teig zu machen. Dieser Praxistest erlaubt es zu beobachten, wie sich die Konsistenz des Teiges von einer Phase zur anderen der Verarbeitung ändert. Sie können weiterhin Eierteigwaren, Brot, Tortillas und Mürbteig zubereiten. Wenn die Zugabe von Butter oder Öl geplant ist, versuchen Sie zu überprüfen, was mit und ohne die Zugabe von Fett geschieht. Ändert sich etwas? Es ist wichtig, bis zur Realisierung des Endproduktes zu kommen und den Geschmack zu testen.
- Schauen und nicht anfassen: Sie geben Kindern 3 oder mehr Lebensmittel und laden sie ein, einen Aspekt davon genau zu betrachten z.B. die Form, die Farbtöne etc. Dann schlagen Sie ihnen vor, die Lebensmittel auf einem Blatt zu zeichnen und zusammen zu versuchen, die interessantesten Eigenschaften zu beschreiben.
- The Sonorous Mime: Wir können unsere Speisen hören. Jeder kennt das Geräusch, wenn man in einen Apfel oder eine Karotte beißt. Was hören wir? Es hat richtig geknackt. Organisieren Sie einen Wettbewerb der Klänge und Geräusche von Lebensmitteln. Wer ist der/die Beste, um das Geräusch einer Pommes Frites, einer Karotte nachzuahmen? Oder das Geräusch einer Kaffeekanne, während der Kaffee steigt?
- Bluff der Düfte: Sie geben eine kleine Menge von jedem ausgewählten duftenden Zutaten (Kräuter, Gewürze, Kaffee...) in zwei Boxen. Lassen Sie eine davon offen und decken Sie die zweite mit einem Stoffquadrat ab, das mit Hilfe eines Gummibands fixiert wurde. Markieren Sie die geschlossene Box. Bevor Sie beginnen, erklären Sie gut, dass wir Gerüche am besten wahrnehmen, wenn wir in kurzen Intervallen einatmen. Wer findet die zwei zusammengehörenden Düfte?
- Olfaktorischer Spaziergang: Ein Spaziergang auf dem Land oder in der Stadt mit Kindern, bei dem wir nur auf Gerüche achten. Was könnte die Quelle des Geruchs sein, wie können wir den Geruch beschreiben?
- Mythen und Legenden: Erzählen Sie den Kindern Mythen oder Legenden, wo Essen das Hauptelement ist, wie zum Beispiel der Mythos vom Goldapfel oder das Märchen vom Hirsebrei. Neugierde und Phantasie werden angeregt.
- Löffeln: Sie bereiten Behälter mit verschiedenen Abmessungen auf einem Tisch vor und füllen Lebensmittel verschiedener Konsistenz (flüssig, mehlig, körnig) ein. Die Kinder dürfen durch Umschütten oder Löffeln die Lebensmittel umfüllen.
- Essen dekorieren: Speisen oder Tische anlässlich von Festen dekorieren.
- Gartenarbeit Wenn Sie einen freien Außenraum haben, wandeln Sie diesen in einen Garten um und nutzen Sie ihn während des ganzen Schuljahres, um mit den Kindern den Boden vorzubereiten, zu säen, zu jäten, zu ernten. Begleiten Sie die praktische Aktivität mit Kinderreimen, mit Gesang und lenken Sie die Aufmerksamkeit auf alle Lebewesen, die in unserem Garten leben.
- Malerei: Machen Sie Gemälde auf Kartons oder Blättern mit Farben aus Pflanzenextrakten.
- Collage: Mit Blättern, Schalen, Kernen ein Bild/ Mandala basteln bzw. kleben.
- Küchenmusik: Ein Orchester aus Kücheninstrumenten (Deckel, Töpfe, Reiben...)
- Wasser verkosten: Wasser pur, Wasser mit Zitrone, mit Kräutern, mit Apfelscheiben...
- Verkostungen: Gerade in der Kindergartenzeit entwickeln Kinder Geschmacksvorlieben und Ernährungsgewohnheiten. Daher ist es wichtig, Kindern die Möglichkeit zu geben, Geschmacksvielfalt kennenzulernen und zu erleben. Bei Verkostungen werden spielerische neue Geschmäcker wahrgenommen und Unterschiede festgestellt. Neues wird ohne Esszwang kennengelernt. Verkosten Sie Butterbrote mit verschiedenen Buttersorten. Wer schmeckt den Unterschied? Verkosten Sie 2 verschiedene Karotten- oder Apfelsorten. Welche ist süßer, welche saftiger?
Übrigens: Nicht nur die Anzahl der Geschmacksknospen, sondern auch unsere momentane Stimmung, Alter, Vorerfahrungen, Einstellungen und Meinungen über Ernährung beeinflussen unser geschmackliches Urteilsvermögen.